4.1 2nd Wave

Diversität im Creator-Bereich

Interview mit Jennifer Olschowski, Artist- & Campaignmanagerin bei 2nd Wave

Sie übertragen Spielgeschehen in aufregenden Let’s Plays und Livestreams und begeistern dabei ein vielfältiges Millionenpublikum: Content-Creatorinnen und -Creator sind schon längst eine der wichtigsten Säulen der Games-Community. Warum die Förderung von weiblichen Talenten dabei besonders relevant ist und wie diese gelingt, erklärt im Interview Jennifer Olschowski, Artist- & Campaignmanagerin bei der Künstlermanagement-Agentur 2nd Wave.

1. Ihr habt mit der „Girls Crew“ eine Nachwuchsförderung für Creatorinnen im Games-Bereich aufgesetzt. Welches Ziel verfolgt ihr damit und wen möchtet ihr damit erreichen?

Wenn man sich die Top 30 der Twitch-Kanäle in Deutschland anschaut, stellt man fest, dass diese noch immer zum Großteil von männlich gelesenen Talenten betrieben werden. Dabei ist die Games-Community unglaublich vielfältig, und Creatorinnen gehören selbstverständlich dazu. Dennoch ist der Einstieg in den Creator-Bereich für viele weibliche Talente noch immer herausfordernd. Zu den Hürden zählen häufig das zu Beginn langsamere Reichweitenwachstum oder einfach Unsicherheiten. Deshalb wagen viele Creatorinnen die großen Schritte nur zögerlich. Dabei sind ihre großartigen Perspektiven und die Vielfalt, die sie einbringen, ein ganz wichtiger Bestandteil der Games-Kultur. Genau hier setzt die „Girls Crew“ an! Wir möchten damit weiblich gelesenen Talenten, die eine Karriere als Content-Creatorinnen im Games-Bereich anstreben, die Möglichkeit geben, von einem umfassenden Management zu profitieren – inklusive cooler Kooperationen mit großen Marken. Wir möchten den Talenten zeigen, dass sie ihren Traum von einer Karriere als Vollzeit-Content-Creatorin verwirklichen können und wir sie dabei unterstützen. Zusätzlich möchten wir einen noch größeren Teil der Games-Branche ermutigen, über den Tellerrand hinaus zu schauen und auch Talenten mit kleineren Reichweiten mehr Chancen zu geben. In den ersten zwei Jahren seit Beginn unserer Talentförderung ist es uns gelungen, nahezu die Hälfte der 20 betreuten Creatorinnen so weit voran zu bringen, dass sie mit ihrer Reichweite ihren Lebensunterhalt bestreiten kann. Wir sind stolz darauf, mit ihnen inzwischen auch größere und profitable Projekte umsetzen zu können.
Für uns ist die „Girls Crew“ ganz klar in erster Linie Talentförderung. Wir sehen im nachhaltigen und frühzeitigen Aufbau vielversprechender Nachwuchs-Talente eine großartige Chance, gemeinsam zu wachsen und gleichzeitig das Ungleichgewicht bei der Repräsentation von weiblichen und männlichen Creator:innen im Games-Bereich aufzubrechen.

2. Welche Bereiche genau umfasst die Förderung?

Wir unterstützen die Creatorinnen beim Aufbau einer Struktur ihrer Kanäle und beraten sie, welchen Content man auf welcher Plattform am wirkungsvollsten platzieren kann. Sollten Formatideen bestehen, helfen wir hier mit dem gesamten Team bei der Ausformulierung, Strukturierung und Umsetzung sowie bei der Suche nach passenden Kooperationspartnern. Wir bieten den Talenten zudem regelmäßige Update-Calls, um Themen und Kampagnen etwas vertieft zu besprechen oder auch einfach, um bei täglichen Herausforderungen ein offenes Ohr zu bieten und zu unterstützen. Zudem helfen wir beim Vernetzen mit anderen Creatorinnen sowie bei der Produktion von gemeinsamem Content und fördern somit den Austausch untereinander.

3. Warum sind Diversität und die Repräsentation vielfältiger Talente im Creator-Bereich wichtig?

Weil unsere Welt sehr vielfältig ist und diese Vielfalt mit all ihren Facetten es verdient, gesehen zu werden. Wenn Creator:innen mit verschiedenen Hintergründen und Lebenswelten ihre Perspektiven teilen und gemeinsam live streamen, dann profitieren wir alle davon: Dadurch wird mehr Verständnis und stärkere Verbundenheit in den Communitys geschaffen und vor allem viel mehr Spaß und gemeinsame Freude an unseren Hobbys. Diversität fördert durch unterschiedliche Perspektiven die Kreativität und sorgt auch dafür, dass sich immer mehr Menschen in den Medien und Plattformen, die sie häufig konsumieren, auch wirklich wiederfinden. Wir sind sehr glücklich darüber, wenn wir Unterhaltung bieten können – aber wirklich freuen wir uns erst, wenn wir möglichst vielen positiven Stimmen unserer Gesellschaft auch wirklich eine Bühne bieten können. Denn die besten Inhalte entstehen da, wo Vielfalt wirklich gelebt wird.

4. Wie profitiert die Games-Community davon?

Durch die Vielfalt an Creatorinnen und die Unterstützung, die wir und die kooperierenden Firmen ihnen bieten, finden viele Zuschauende ein neues „Community-Zuhause“. Die Diversität und die vielfältigen Perspektiven ermöglichen es hierbei, dass jede und jeder einen passenden Kanal oder eine Persönlichkeit findet, die einem zusagt. Auch wenn so manches Vorurteil in der Vergangenheit das Gegenteil behauptete: Creatorinnen bedienen, genau wie ihre männlichen Kollegen, eine Vielzahl an Spielegenres – von Indie-Games über Point-and-Click bis hin zu Shootern und Horror-Games. Damit findet jede beziehungsweise jeder Zuschauende den für sich perfekten Content mit passender Community, in denen sich die eigenen Interessen und Perspektiven wiederfinden.

5. Und welche Vorteile gibt es für Unternehmen und Marken, die mit Creatorinnen zusammenarbeiten?

Aufstrebende Creatorinnen sind motiviert und haben meist eine sehr aktive, zusammenhaltende Community, zu der sie eine enge Bindung haben und mit der sie gemeinsam Spielewelten entdecken. Hier steht neben dem Games-Content und Spielgeschehen häufig auch ein besonders kreativer Aspekt im Vordergrund, der von der Nutzung personalisierter Streaming-Overlays bis hin zum Auftritt im Cosplay reichen kann. Was noch hinzukommt und nicht vernachlässigt werden darf: Durch die Community-Nähe entsteht unter den Zuschauenden auch eine größere Bereitschaft, (neuen) Content oder Platzierungen zu unterstützen und sich anzuschauen. Somit ist die Reichweite von fünf kleineren Talenten meist höher als von einem größeren Talent und es sind fünf verschiedene Communitys eingebunden worden statt nur eine. Ein Beispiel hierfür wäre ein früheres gemeinsames Gaming-Projekt der Girls Crew, bei dem fünf Creatorinnen in drei Monaten gemeinsam über 1,5 Millionen Impressionen sammeln konnten.

6. Welche Tipps habt ihr für aufstrebende Creatorinnen?

Probiert euch aus und versteckt euch nicht. Macht den Content, der euch Spaß macht und der euch auszeichnet! Vernetzt euch, unterstützt einander, tauscht euch aus – und ganz wichtig: Traut euch, Bewerbungen an Creator-Managements zu schicken. Ich habe schon so häufig gehört, dass man sich nicht getraut hat, da man ja noch so klein und nicht rentabel ist für Managements. Hier zählt aber, wie so häufig, die Devise: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!

7. Was möchtet ihr Unternehmen mit auf den Weg geben, die ihren Fokus stärker auf die Zusammenarbeit mit aufstrebenden Talenten legen wollen?

Schaut über den Tellerrand hinaus und wagt euch, auch in vielfältige Talente zu investieren, die vielleicht noch nicht eine große Reichweite haben. So könnt ihr nicht nur neue motivierte Gesichter für eure Kampagne gewinnen, sondern auch ganz neue Communitys erschließen und von der gemeinsamen Reichweite mehrerer Talente statt nur eines profitieren. Durch die Zusammenarbeit mit aufstrebenden Creatorinnen setzt ihr außerdem ein wichtiges Zeichen für mehr Diversität in Games und für Female Empowerment. Wir sind sehr glücklich darüber, die Talentförderung „Girls Crew“, die zu einem festen Bestandteil unseres Alltags geworden ist, nun schon über zwei Jahre erfolgreich umzusetzen und bereits viele Firmen an unserer Seite zu haben, die die Creatorinnen der „Girls Crew“ mittlerweile bei den Anfragen direkt mit aufgreifen. Durch eine frühzeitige Förderung weiblicher Talente signalisieren Unternehmen nicht nur ein sichtbares und spürbares Engagement für Vielfalt und Female Empowerment, sondern profitieren auch von der frühen Markenbindung der Talente und ihrer Communitys: Weil die Marke bereits aus den Anfangstagen eines Kanals beziehungsweise einer Creatorin bekannt ist, besitzt sie dadurch ein extrem hohes Identifikations-Potenzial und genießt auch später enorm viel Vertrauen. Außerdem kommt ein besonderer „Coolness“-Faktor hinzu, denn immerhin war es genau diese Brand, die bereits zu Beginn an dieses Talent geglaubt hat!

Jennifer Olschowski

Artist- & Campaignmanagerin
bei der Künstlermanagement-Agentur 2nd Wave