Vergnügliches gegen „Wann sind wir endlich daaa?“
Hurra, Urlaub! Jetzt darf die Seele baumeln. Nur noch ein paar Stunden trennen uns von der Sandburg am Strand – ein paar Stunden Autofahrt allerdings, die es in sich haben können: Wer Kinder hat, weiß, was Ferienfahrten für eine nervenaufreibende Angelegenheit werden können. Wie gut, dass die moderne Kommunikationstechnologie ganze Spielzimmer auf die Größe von mobilen Konsolen und Tablet-PCs bringt. Was unterwegs bei Laune hält, anregt und beim Fahrer volle Konzentration gewährleistet? Wir haben fünf Experten gefragt.
Auf der Rückbank geht es hin und wieder etwas lebhaft zu. Von Zeit zu Zeit ertönen seltsame Platschgeräusche, dann hören wir rücksichtsvoll unterdrückte Triumphschreie, Getuschel und Gekicher. Mit anderen Worten: Bis auf den Reiseverkehr läuft alles super! „Jelly Splash“ sorgt derzeit dafür, dass auf der Rückbank keine schlechte Laune aufkommt. Denn das könnte sie – nach zwei Stunden im Stau und auf halber Strecke zum Urlaubsort. Still vergnügt rausschauen oder sich beim „Ich sehe was, was Du nicht siehst“-Duell messen, das funktioniert beivielen Kindern maximal gefühlte zehn Minuten. Glück gehabt: Die Spiele-App „Jelly Splash“ steht gerade hoch im Kurs. Der Geschicklichkeitswettbewerb um die rasche farbliche Anordnung von Wackelpuddingmonstern verdrängt die gerade auf den verbleibenden Kilometern stetig wachsende Gefahr kindlichen Missmuts.
Spiele bedeuten Entlastung
Spielen am Tablet-PC oder auf der Konsole als Ablenkungsmanöver – müssen wir jetzt ein schlechtes Gewissen haben? Nein: „Digitale Mal- oder Sprach-spiele, die die eigene Kreativität fordern, oder Rate-, Strategie- und Geschicklichkeitsspiele, die nach bestimmten Regeln funktionieren und auch zu mehreren gespielt werden können, sind immer eine gute Wahl“, sagt Stefan Aufenanger, Professor für Medienpädagogik an der Universität Mainz. Digitale Spiele bedeuteten im Wechsel mit dem realen Erleben und Erkunden von Neuem auch Entlastung, gerade für jüngere Kinder, die mit den vielen Eindrücken einer Fernreise noch wenig anfangen können. Den Erziehungs-berechtigten rät er, die Spiele am besten vorher kennenzulernen und auf ihre Tauglichkeit zu prüfen.
Eltern sollten sich für den Medienkonsum ihrer Kinder interessieren
Eine Empfehlung, der sich der Bundesverband Interaktive Unterhaltungs-software e. V. (BIU) anschließt: „Das Spielespektrum und auch die Qualität der digitalen Spiele hat sich in den vergangenen Jahren rasant entwickelt. Es ist für jede Altersstufe etwas dabei und die Spieleinhalte sind so unterschiedlich und anspruchsvoll wie die Inhalte aller anderen Medien, die wir zur Unterhal¬tung, Anregung, Information nutzen. Eltern sollten sich für den Medienkonsum ihrer Kinder interessieren undunbedingt die jeweilige Altersfreigabe beachten“, sagt BIU-Geschäftsführer Maximilian Schenk.
Anregendes für kleine Entdecker
Auch Kinderbuchautorin Johanna Rosenfeld weist auf die Vielschichtigkeit digitaler Kinderspiele hin. Sie hat hunderte davon auf Herz und Nieren geprüft. „Computerspiele können sehr anregend sein. Sie können die Sinne und das logische Denken schärfen. Sie können auch das ästhetische Empfinden schulen. Und wer sich geistig anstrengt, braucht Pausen und legt das Gerät auch wieder weg“. Auf ihrer Website „Besondere Kinderapps“ finden wir zwei Lieblingsspiele für die nächste Autofahrt: Beim „Barefoot Weltatlas“ reist man mit dem Finger über den Globus, um viel Interessantes über die Besonder-heiten, Sprachen, Gebräuche und Sehenswürdigkeiten der Länder zu erfahren. Und das Wimmelbild-Spiel „Pavel Piezo fährt zum Drachenfest“, lädt Kinder ab vier Jahren zu einer lustigen Expedition ein, auf der sie ganz nebenbei auch erste Sätze auf Französisch, Englisch oder Spanisch lernen.
Überschaubarer Spielplatz für die Rückbank
Ob Knobelspiel, eine Sportsimulation oder einen Titel aus der „Sims“-Reihe“: Mit Blick auf die Jüngeren hält Dorothee Wiegand, Redakteurin für das „c´t – Magazin für Computertechnik“, mobile Konsolen wie die 3DS von Nintendo oder die Sony PS Vita für besonders reisetauglich. Sie sind klein, handlich und bieten einen überschaubaren Spielplatz außerhalb des World Wide Web. Spaß an mobilen Spielen hat auch Sigrid Fahrer, Leiterin des Entwicklungsbereichs „Digitales Lesen“ bei der „Stiftung Lesen“. Eltern sollten sich vor dem Herunterladen von Spielen aus dem Netz allerdings stets vergewissern, ob die Service- und Kontaktangebote kindgerecht sind und entsprechende Nutzungsfunktionen am Smartphone gegebenenfalls deaktivieren. Als „Lesebotschafterin“ bevorzugt sie selbst natürlich Kinderbuch-Apps, räumt sie lachend ein. Die sind offenkundig auch etwas für Männer. Laut „Vorlesestudie 2012“ der „Stiftung Lesen“ sind Väter motivierter aus einer Kinderbuch-App vorzulesen als aus einem Printbuch.