game Themenservice: Miteinander spielen

Gemeinsam spielen

Heute schon gemeinsam gespielt?

Sie fördern Phantasie, Koordination und Geistesblitze – viele digitale Spiele laden ideenreich zum gemeinsamen Spielen ein. Sie lassen sich beinahe überall spielen. Und falls es draußen regnet, sorgt das eine oder andere Spiel auch drinnen für gemeinsamen Bewegungsspaß. Dabei fördern digitale Spiele das Miteinander zwischen Jung und Alt, unter Kolleginnen und Kollegen – und das sogar über Grenzen hinweg.

 

Luisa hüpft vor Freude. „Könnt ihr meinen Elefanten nachmachen?“, fragt die Sechsjährige und reicht den Tablet-PC, auf dem sie gerade einen ziemlich langbeinigen Dickhäuter gezeichnet hat, an ihre Mutter weiter. Die legt sich ins Zeug und versucht, Luisas Elefanten nachzumalen. Es folgt die Großmama und der große Bruder. Beim Spiel „Malduell“ geht es darum, schnell und möglichst genau ein vorgezeichnetes Bildmotiv zu treffen. Dabei gilt es, die richtige Balance zwischen Geschwindigkeit und Perfektion zu finden. In der abschließenden Spielauswertung erfahren dann die Mitspieler, wie lange sie dafür gebraucht und ob sie die Linien und Farben der Vorlage richtig erfasst haben. So richtig punkten konnte bei Luisas Elefanten aber niemand – was der Kleinen sichtlich Spaß macht. So denkt sie sich gleich ein neues Bild aus, mit dem sie „die Großen“ herausfordern kann. Und davon hat die ganze Familie etwas. Nicht umsonst gehört „Malduell“ zu den Nominierten für den Deutschen Computerspielpreis, der – analog zum Deutschen Filmpreis – am 15. Mai zum sechsten Mal von der deutschen Politik und den Branchenverbänden BIU
und GAME verliehen wird.

 

Spiele stellen einen immer vor Herausforderungen, und diese zu meistern, macht Kinder glücklich, weiß Professor Klaus Jantke, Leiter der Abteilung Kindermedien am Fraunhofer Institut für Digitale Medientechnologie: “In Spielen zeigen Kinder den Eltern ihre Stärken.“ Ließe sich ein Malduell nicht auch mit Papier und Buntstiften austragen? Welchen Mehrwert bringt das digitale Spiel überhaupt? „Computerprogramme nehmen sehr präzise Auswertungen vor, die kein Mensch so leisten kann“, erläutert Jantke. „‚Malduell’ etwa berücksichtigt unterschiedliche Fertigkeiten, wenn es Bild und Vorlage vergleicht.“

Folgenloses Fehlermachen

Jantke nennt einen weiteren Vorteil: „Wer etwas nicht gut kann und es üben möchte, versucht es immer wieder, bis er Routine erwirbt. Folgenloses Fehlermachen ist das Schöne bei einem digitalen Spiel.“ Und wenn die Kleinen beim Spielen kein Ende finden? „Es ist das Gleiche, wenn Kinder mit ihren Rittern auf dem Fußboden spielen und abends nicht ins Bett wollen.“ Wichtig sei, dass man miteinander redet. Vielleicht steckt hinter der Weigerung, schlafen zu gehen, ja auch Bammel vor dem nächsten Schultag. „Eltern müssen als Kommunikationspartner immer zur Verfügung stehen, so dass die Kinder mit den wesentlichen Dingen des Lebens zu ihnen kommen.“ Und wenn sich Eltern trotzdem Sorgen machen, weil es die Kinder immer wieder vergnügt an PC und Konsole zieht? „Dann spielen Sie am besten mit, denn das macht das digitale Spiel für alle zum Gewinn“, empfiehlt BIU-Geschäftsführer Maximilian Schenk. Sicher ist: Der Siegeszug von digitalen Spielen als – längst auch offiziell anerkanntem – Kulturgut ist nicht mehr aufzuhalten. Immer differenzierter werden die Spieleangebote, immer mehr Alters- und Interessengruppen angesprochen. Über 20 Millionen Deutsche spielen inzwischen auf mobilen Geräten. Der Anteil Nutzer digitaler Spiele über 50 Jahre stieg in diesem Jahr um zwölf Prozent. Wie das Kino und der Film bieten auch Computer- und Videospiele zahlreiche Genres und Variationen. Und sie bringen Menschen zusammen.

Kooperation und Teamgeist

Auf zwei Flößen über Wildwasser reiten, gemeinsam Skifahren oder tanzen: Kinder, Freundesgruppen und ganze Familien schätzen Konsolenspiele wie “Wii Sports” oder “Let’s Dance”. „Solche Spiele sind weltweit unglaublich erfolgreich. Man spielt mit- oder gegeneinander, lacht gemeinsam und tauscht sich aus. Man lernt Kooperationsfähigkeit, Empathie und Teamgeist”, erklärt Peter Tscherne, Geschäftsführer der Stiftung Digitale Spielekultur. „Das ist etwas ganz Anderes als fernzusehen oder alleine ein Buch zu lesen. Diese Spiele sind extrem förderlich für die soziale Interaktion.” Bei den Fußball-Spielen der „FIFA”-Reihe steht etwa der sportliche Wettkampf an erster Stelle, mit der digitalen Umsetzung des Brettspiels „Die Siedler“ trainieren Spieler ihr strategisches Denken. Mit dem Gedächtnisspiel „Dr. Kawashima“ fordern Kinder besonders gerne ihre Großeltern dazu auf, ihr „geistiges“ Alter zu bestimmen. Das Kegel-Spiel von „Wii Sports“ wird sogar in Altenheimen eingesetzt. Die gemeinsame Aktivität hilft über Einsamkeit hinweg und verbindet Opa und Oma mit den Enkeln.

Ein neues Miteinander

Immer öfter setzen Spiele nicht nur auf das Gewinnen und die Glücksgefühle, sondern auf das gemeinsame Problemlösen. Beispiel „Foldit“. Dank der großen Anzahl von Internet-Spielern weltweit konnten Forscher mit diesem kostenlosen Online-Spiel vor kurzem ein für die Aids-Forschung wichtiges Enzym entschlüsseln. Denn hier darf jeder Spieler knallbunte Protein-Strukturen nach Herzenslust „falten“. Dabei nutzt „Foldit“ das räumliche Vorstellungsvermögen des Menschen, das selbst von großen Computer-systemen bislang kaum simuliert werden kann. Um das gemeinsame Bewältigen von Aufgaben geht es auch in dem weltweit gespielten Online-Rollenspiel „World of Warcraft“. „Mittlerweile gibt es Arbeitgeber, die Führungsqualitäten aus diesem Spiel ableiten.“, sagt Peter Tscherne. „Sie gehen davon aus, dass jemand, der eine Gilde in ‚World of Warcraft‘ führt, auch in der Lage sei, im realen Leben ein Team zu leiten.“ Aus ganz ähnlichen Gründen hat die TU München ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, an dem sich insgesamt 18 deutsche Firmen beteiligen. Untersucht wird, wie sich die gruppendynamischen Prozesse in digitalen Spielen für Unternehmen gewinnbringend einsetzen lassen.

Klare Regeln

„Spieler sind Meister im Spinnen sozialer Netze. Sie vertrauen darauf, dass die Regeln eingehalten werden und dass alle das gleiche Ziel haben. Das Zusammenspielen fördert Bindungen, Vertrauen und das Miteinander.“, bestätigt die Spieleentwicklerin Jane McGonigal. Auch Robert Seifert, Dozent für Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt, entdeckt in den digitalen Spielen neue Möglichkeiten des Miteinanders: “Weil viele Computerspiele heute über soziale Netzwerke laufen, können sie in diesen unübersichtlichen Zeiten eine virtuelle Interessengemeinschaft, eine Art Heimat bieten. Über weite Entfernungen entwickelt sich auf Basis des Spiels Vertrauen, man teilt Ideen, klare Regeln und Gewohnheiten.” Seifert, der sich insbesondere mit Jugendmedien beschäftigt, bringt die Debatten um die noch junge digitale Spielekultur in Zusammenhang mit den Anfängen von Romanen, Kino und Fernsehen, die alle einmal als angeblich suchtgefährdend galten und heute etablierte Medien sind. „Eskapismus funktioniert mit verschiedenen Medien. Früher hat man sich ein Buch genommen. Jugendliche sind dabei natürlich etwas anfälliger für die Risiken. Genau deshalb gibt es ja den Kinder- und Jugendmedienschutz.“ Eine gute Richtlinie bietet vor diesem Hintergrund die für den Handel verbindliche USK, die “Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle”. Sie ist vergleichbar mit der FSK, der “Freiwilligen Kontrolle der Filmwirtschaft” und laut Peter Tscherne eine unschätzbare Orientierung für Eltern: „Genau wie die FSK-Kennzeichen für Filme und DVDs geben sie Auskunft darüber, ob Spiele Kinder bestimmter Alterstufen beeinträchtigen oder nicht. Prüfung und Bewertungsmaßstäbe sind dabei sogar noch strenger als bei Filmen. Jedes Spiel wird komplett durchgespielt und einem Fachgremium zu Bewertung live vorgespielt.“