Anerkennung von „Gaming Disorder“ als Krankheitsbild durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Die deutsche Games-Branche nimmt die Herausforderungen in den Bereichen Medienkompetenz und exzessive Mediennutzung sehr ernst. Die Aufnahme der sogenannten „Gaming Disorder“ in den Katalog der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD 11) der Weltgesundheitsorganisation hat deshalb zurecht zu zahlreichen Debatten geführt. Die Anerkennung einer Sucht nach Computer- und Videospielen als Krankheit bleibt sehr problematisch, da nach wie vor die notwendige wissenschaftliche Basis für eine solch weitreichende Entscheidung fehlt.
 
Fehlende belastbare Studienergebnisse sind auch der Grund, warum sich unter zahlreichen Wissenschaftlern schon früh Widerstand gegen die Anerkennung von „Gaming Disorder“ gebildet hat. Viele Mediziner des Fachbereichs bestreiten, dass es sich beim exzessiven Spielen von Games um ein eigenständiges Krankheitsbild handelt, gleiches gilt auch für die Online-Sucht. Ihre umfangreiche Kritik haben sie in dem wissenschaftlichen Aufsatz „A weak scientific basis for gaming disorder: Let us err on the side of caution“ zusammengefasst. Bereits 2017 ist unter dem Titel „Wie Millionen Computerspieler zu Süchtigen erklärt werden sollen“ in der Süddeutschen Zeitung ein Gastartikel von Prof. Dr. Thorsten Quandt erschienen, der die Kritik vieler Wissenschaftler an der Anerkennung von „Spiele-Sucht“ treffend zusammengefasst hat.
 
Die offizielle Anerkennung von Spiele-Sucht als Krankheit ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich: Eigentlich gesunde Kinder und Jugendliche könnten stigmatisiert werden, etwa weil ihre sich verändernde Medienrealität nicht verstanden wird. Denn dass digitalem Spielen in bestimmten Lebensphasen eine besonders große Bedeutung zukommen kann, ist – wie bei allen Freizeitaktivitäten – nicht ungewöhnlich. Eine Pathologisierung kann zudem zu zahlreichen Fehldiagnosen führen. Auch besteht die Gefahr, dass die Behandlung falsch diagnostizierter ernsthafter, psychischer Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen bei vielen Patienten ausbleibt sowie stoffliche Süchte wie Alkohol- oder Drogensucht verharmlost werden.
 
Damit es nicht zu einer ungesunden, exzessiven Computerspiel- oder Online-Nutzung kommt, ist das möglichst frühe Erlernen von Medienkompetenz eine zentrale Schlüsselkompetenz. Hierfür engagieren wir uns als Games-Branche seit vielen Jahren aktiv über die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), die Stiftung Digitale Spielekultur oder das Institut Spielraum. Die USK bietet in diesem Rahmen gemeinsam mit der Stiftung Digitale Spielekultur einen kostenfreien Elternrategeber an, der unter anderem wertvolle Tipps zu den Themen Spieldauer, Medienzeiten und exzessive Nutzung gibt.



Martin Puppe
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