Jahresreport der deutschen Games-Branche 2020

Liebe Leserinnen und Leser,

2019 war für die Games-Branche in Deutschland ein Jahr vieler Erfolge und Superlative. Ein neuer Umsatzrekord, die größte gamescom aller Zeiten mit zahlreichen digitalen Neuerungen, die Entwickler-Konferenz devcom erstmals unter Führung des Verbandes, der erfolgreiche Start der Diversity-Initiative Hier spielt Vielfalt, die Entscheidung zur Gründung der esports player foundation, der Start der Pilotphase der Games-Förderung des Bundes und viele weitere wichtige Entwicklungen haben uns bewegt. Doch schauen wir zuerst näher auf die beeindruckende Marktentwicklung.

Der deutsche Games-Markt ist wie in den vergangenen Jahren stark gewachsen. 2019 legte er um 6 Prozent zu und durchbrach damit erstmals die Grenze von 6 Milliarden Euro Umsatz. Das ist abermals ein neuer Rekord. Deutschland bleibt trotz starker Konkurrenz damit weiterhin der größte Games-Markt in Europa und weltweit die Nummer fünf.

Ein Blick auf die einzelnen Marktsegmente zeigt dabei deutlich, wie stark sich der Games-Markt wandelt: Denn eigentlich befinden wir uns mitten in einer Übergangsphase zwischen zwei Konsolen-generationen, in der die Nachfolger von Sonys PlayStation 4 und Microsofts Xbox One zwar schon angekündigt, aber noch nicht verfügbar sind. In der Vergangenheit bedeutete diese Phase vor allem Umsatzrückgänge. Denn Millionen Spielerinnen und Spieler warten mit den Käufen auf die neuen Konsolen sowie die dafür erscheinenden Titel. Doch 2019 wuchs der Games-Markt unbeeindruckt weiter – und hier werden die Umbrüche deutlich. Seit dem letzten Übergang zwischen zwei Konsolengenerationen haben sich Smartphones und Tablets zu wichtigen Spiele-Plattformen entwickelt, die von Millionen Menschen genutzt werden. Viele davon haben zuvor gar nicht oder nur wenig gespielt. Seit 2018 sind Smartphones sogar die am häufigsten genutzte Spiele-Plattform der Deutschen.

Doch nicht nur der Erfolg von Spiele-Apps führt trotz Übergang zu einer neuen Konsolengeneration zu stabilen Umsätzen. Während noch vor einigen Jahren der einmalige Kauf von PC- und Konsolenspielen die entscheidende Umsatzsäule des Games-Marktes war, sind längst In-Game- und In-App-Käufe immer wichtiger geworden. Und damit steht nicht mehr der Verkauf einzelner Titel im Mittelpunkt, sondern deren dauerhafte Nutzung – auch auf der noch aktuellen Konsolengeneration. Zudem wächst aktuell noch ein weiteres Marktsegment besonders schnell: die Gebühren für kostenpflichtige Online-Dienste, zu denen Abonnement- ebenso wie Cloud-Gaming-Angebote gehören oder die Online-Services der Spielekonsolen. Dieses Marktsegment, das bei dem letzten Übergang zwischen zwei Konsolengenerationen noch kaum relevant war, trägt ebenfalls zum aktuellen Wachstum des Gesamtmarkts bei und zeigt, dass dieser in den vergangenen Jahren deutlich vielfältiger geworden ist.

Die deutsche Games-Branche steckt inmitten eines Umbruchs. Dabei scheint hier auf den ersten Blick vieles beim Alten zu sein: So ist die Anzahl der Beschäftigten trotz des starken Marktwachstums abermals zurückgegangen. Und auch der Anteil von deutschen Spiele-Produktionen auf dem Heimatmarkt verharrt weiter unter der 5-Prozent-Hürde – ein nicht akzeptabler Wert für eine Kulturnation wie Deutschland. Dennoch deutet sich ein entscheidender Umbruch an, wie das große Interesse der Games-Unternehmen in Deutschland an der ersten Pilotphase der Games-Förderung auf Bundesebene zeigt, die im Juni 2019 gestartet ist: Die beeindruckende Zahl von 380 Projektskizzen ist hier innerhalb weniger Monate zusammengekommen. Dabei handelt es sich bei dieser Pilotphase lediglich um eine De-minimis-Förderung mit Beträgen von bis zu 200.000 Euro – also Summen, die weit entfernt von den Kosten einer Blockbuster-Produktion im dreistelligen Millionenbereich sind. Dennoch sollte dieses starke Interesse an der Games-Förderung vor dem Start der großen Förderrichtlinie Mut machen. Es gibt viele Menschen, die weiterhin – trotz der bisher schwierigen und international kaum konkurrenzfähigen Rahmenbedingungen – Computer- und Videospiele in Deutschland entwickeln wollen. Und darum ist der zeitnahe Start der großen Förderrichtlinie so wichtig. Denn dieser wird einen historischen Umbruch für den Games-Standort Deutschland markieren.

Diese und viele weitere Entwicklungen fasst dieser Jahresreport zusammen. Ich wünsche eine spannende und erkenntnisreiche Lektüre.

Felix Falk
Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Games-Branche