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eSports

Esport ist in Deutschland längst etabliert, über zwei Drittel der Bundesbürger kennen den Wettkampf in Computer- und Videospielen.

Rund 13 Millionen Deutsche haben sich bereits Esport-Übertragungen angeschaut. Etwa jeder fünfte deutsche Gamer kann sich zudem vorstellen, in Zukunft selbst einmal bei Esport-Events anzutreten. Das sind etwa 9 Millionen Spieler. Was seine Anfänge mit privaten LAN-Partys und Events in den 90er Jahren genommen hat, ist zu einer Massenbewegung geworden. Wettkämpfe wie der Fortnite World Cup 2019 im Arthur Ashe Stadium in New York erreichen heute nicht nur ein Millionenpublikum vor Ort und per Livestream. Über 40 Millionen Gamerinnen und Gamer weltweit haben versucht, sich für das Turnier zu qualifizieren. Um unter den 100 Besten schließlich um das bis dato höchste Preisgeld in der Geschichte des Esports zu spielen: 30 Millionen US-Dollar.

Esport: von privaten LAN-Partys in den 90er Jahren zu einer Massenbewegung.

In Deutschland nimmt die Zahl der hobbymäßigen Esportlerinnen und Esportler seit Jahren zu. Deshalb finden sich bereits heute deutschlandweit Esport-Vereine, -Abteilungen, -Hochschulgruppen und -Organisationen, in denen sich Esport-Begeisterte betätigen können. Doch die Vereine bieten interessierten Spielerinnen und Spielern dabei nicht nur die Möglichkeit zum Austausch und gemeinsamen Training. Viele der Gruppen und Teams engagieren sich außer in der Nachwuchsförderung auch in sozialen Projekten, etwa in den Bereichen Medienkompetenz und digitale Bildung oder in der Arbeit mit Seniorinnen und Senioren. Esport verfügt demnach über ein enormes Potenzial für die Gemeinschaft und Gesellschaft.

Neben der Amateur-Ebene wächst in Deutschland auch die Szene der professionellen Esportlerinnen und Esportler. Das heißt derjenigen, die Esport hauptberuflich und auf Top-Niveau betreiben. Um diese sowie weitere, angehende Esport-Athleten zukünftig bestmöglich zu fördern, wurde im Januar 2020 die weltweit erste esports player foundation in Köln gegründet. Ihr Fokus ist es, angehende Profispielerinnen und Profispieler mit einer ganzheitlichen Förderung bei ihrer Karriere zu unterstützen, wie man es aus dem klassischen Sport kennt. Darüber hinaus zeigt die foundation, wie viele Facetten Esport zu bieten hat und dass er mit seinen Grundwerten wie Fair Play, Teamgeist und Leistungsbereitschaft eine wichtige Vorbildfunktion für junge Menschen einnimmt. Neben dem game unterstützt auch die Landesregierung Nordrhein-Westfalen die esports player foundation. Erste Wirtschaftspartner sind die Deutsche Telekom AG und die Deutsche Kreditbank AG.

Gesellschaftlich ist Esport in Deutschland also schon von höchster Relevanz. Und auch wirtschaftlich bieten sich hier viele Potenziale. Allein dem europäischen Esport-Markt werden laut dem Wirtschafts- und Beratungsunternehmen Deloitte bis 2023 Umsätze von rund 670 Millionen Euro vorausgesagt. Der deutsche Markt nimmt hierbei mit einem Wert von 180 Millionen Euro den Spitzenplatz ein. Deutschland bietet sich die Chance, sich als wichtiger Standort des europäischen und internationalen Esports zu positionieren: Denn als Heimat und Austragungsort vieler international renommierter Wettkämpfe wie der ESL One-Turniere in Köln und Hamburg, der League of Legends Championship Series oder des StarLadder Major kann Deutschland eine tragende Rolle im Esport einnehmen.

Die weiterhin fehlende Möglichkeit einer Gemeinnützigkeit stellt vor allem viele Vereine vor große Herausforderungen.

Doch trotz aller positiven Entwicklungen und Prognosen fehlen in Deutschland noch wichtige politische Rahmenbedingungen. Zwar erkennt die Bundesregierung die große Relevanz von Esport mit dem Koalitionsvertrag von 2018 an und will seine Entwicklung fördern. Außerdem wurden die Einreisebestimmungen und der Aufenthalt für Esportlerinnen und Esportler aus Nicht-EU-Ländern erleichtert und auch auf Ebene der Bundesländer gibt es mittlerweile einige Initiativen zur Förderung von Esport, wie in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder Sachsen-Anhalt. Nichtsdestoweniger existieren weiterhin Vorbehalte gegenüber Esport und Hürden, die für seine weitere Entwicklung hinderlich sind. Etwa die weiterhin fehlende Möglichkeit einer Gemeinnützigkeit im Esport, die insbesondere Vereine vor Ort vor große Herausforderungen stellt und die Entwicklung des Amateur-Bereichs in Deutschland stark ausbremst. Oder dass es auch auf Ebene der Länder und Kommunen aktuell noch vielerorts an Unterstützung fehlt. So bemühen sich Kommunen noch zu selten um die Austragung internationaler Esport-Turniere, trotz der positiven Effekte für den Standort, etwa für die örtliche Hotellerie und Gastronomie bis hin zur erhöhten internationalen Bekanntheit der Stadt. Auch wäre eine größere Offenheit gegenüber den besonders erfolgreichen Esport-Titeln wie League of Legends oder Counter-Strike ebenso wichtig wie das Zurverfügungstellen von Hallen und Stadien zur Ausrichtung von Events. Daneben ist die Förderung von Esport-Talenten in Deutschland bisher noch unterentwickelt. Um in die Spitze des Esports aufzusteigen, benötigt es jahrelanges, professionelles und ganzheitliches Training. Es ist daher wichtig, Initiativen wie die esports player foundation zu unterstützen.

Deutschland hat das Potenzial, sich zu einem der international renommiertesten Standorte des Esports zu entwickeln. Doch dafür müssen die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden.

Drei Fragen an Jörg Adami

Jörg Adami ist seit dem 1. Januar 2020 Geschäftsführer der neugegründeten esport player foundation. Zuvor war er zehn Jahre im Vorstand der Deutschen Sporthilfe tätig, bei der er für die Förderung der Athleten verantwortlich war. Dieses Wissen setzt er künftig für die Förderung von Esportlerinnen und Esportlern ein.

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Im Januar 2020 hat die esports player foundation (epf) offiziell ihre Arbeit aufgenommen. Wie kam es zu der Idee der foundation und warum braucht Deutschland eine solche Institution?

In Deutschland spielen Millionen Menschen Computer- und Videospiele, ein immer größerer Teil von ihnen auch als Esportlerinnen und Esportler. Doch was diesen und den kommenden Athleten bisher gefehlt hat, war die Möglichkeit der gezielten Förderung, wie wir sie bereits aus dem traditionellen Sport kennen. Bisher gab es im Bereich Esport keine Option, ganzheitlich trainiert, gefördert und gecoacht zu werden, wenn man nicht schon Teil eines professionellen Esport-Teams ist. Doch Leistungssportler zu werden, bedeutet so viel mehr, als gut spielen zu können. Es ist ein ganzheitlicher Ansatz, der sowohl das spielerische Können als auch die Persönlichkeit betrifft. Diesen verfolgen wir hier mit der weltweit ersten esports player foundation konsequent.

„Der Ganzheitliche Ansatz unserer Förderung betrifft sowohl das spielerische Können als auch die Persönlichkeit.”

Dabei geht es uns nicht nur darum, die Esport-Athletinnen und -Athleten in ihren Fähigkeiten zu fördern, seien es nun Nachwuchsspieler oder semi- und vollprofessionelle Gamer. Wir möchten auch allen anderen, die sich für Esport und die Top-Player interessieren, eine Orientierung bieten. Sei es im Sinne der Aufklärung über Esport oder in Form von Vorbildern. Denn durch Esport werden zentrale Werte wie Leistung, Fair Play und Respekt, die ebenso für unsere Gesellschaft von großem Wert sind, weitergetragen und erreichen auch jüngere Generationen.

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Was sind die Ziele und Aufgaben der epf, wann können wir mit der Förderung der ersten Athletinnen und Athleten rechnen?

Die esports player foundation bietet ihren Talenten ein breites Spektrum an finanzieller, rechtlicher, gesundheitlicher und praktischer Unterstützung. Beispielsweise in Form von Stipendien und Reisekostenzuschüssen, aber auch im Bereich Beratung bei Vertragsangelegenheiten oder der Vereinbarkeit von Schule, Ausbildung und Beruf. Dadurch soll der erfolgreiche Weg für eine Profikarriere geebnet werden.

Durch die Vermittlung von Trainern, Ernährungsberatern und Mental-Coaches erhalten die Esportlerinnen und Esportler ein ausgewogenes Training von Körper, Geist und Gaming-Skills, das ihre Gesundheit als wichtigstes Gut in den Mittelpunkt stellt. Mentoringprogramme, Trainingscamps und Elternberatung sorgen für bestmögliche Leistungsverbesserung und Sozialisierung der Geförderten. Bis Ende 2020 wollen wir so rund 100 Esportlerinnen und Esportler unterstützen.

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Erste namhafte Partner konnten bereits gewonnen werden. Wie sieht die Zusammenarbeit hier aus und welche nächsten Schritte wird es geben?

Ohne die Partner der esports player foundation wäre keine systematische Förderung von Talenten möglich. Deshalb haben wir uns wirklich sehr gefreut, bereits zum Startschuss der epf die Deutsche Telekom AG als ersten Wirtschaftspartner bekannt geben zu können. Mit ihr wollen wir Esport und Gaming in Deutschland aktiv weiterentwickeln. Darüber hinaus konnten wir mit der DKB, der Deutschen Kreditbank AG, einen weiteren namhaften Partner für uns gewinnen. Gemeinsam mit ihr und der Prime League haben wir das erste League-of-Legends-Stipendium im deutschsprachigen Raum initiiert. Dieses startet im Frühjahr 2020. Unser neuster Partner Skillcourt hat ein revolutionäres Trainingssystem erfunden, das gleichzeitig kognitive wie physische Eigenschaften trainiert. Darüber hinaus können wir dank Skillcourt jedem Spieler einen Personal Coach und Zugang zu einer Trainingsstätte bieten.

Wir arbeiten natürlich daran, noch viele weitere Partnerschaften mit Unternehmen eingehen zu können, um unseren Spielerinnen und Spielern die bestmögliche Förderung zukommen zu lassen. Langfristig streben wir an, etwa 450 Esport-Athleten zu fördern. Unser Ziel dabei ist, dass mindestens ein Drittel davon Frauen sind.

Mehr Informationen auf
www.esportsplayerfoundation.org