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Deutsche Sporthochschule Köln
Trainingspläne für Esport-Athleten

Ein Gastbeitrag von Univ.-Prof. Dr. Ingo Froböse und Dr. Christopher ¬Grieben von der Deutschen Sporthochschule Köln.

Univ.-Prof. Dr. Ingo Froböse

 
Die Professionalisierung des Esports ist allerorten zu beobachten, selten geht es hierbei allerdings um das konkrete Training. Dabei ist dieser Bereich besonders spannend: Aktuellen Studienergebnissen zufolge führen etwa 50 Prozent der professionellen Spielerinnen und Spieler ein strukturiertes Training durch. 90 Prozent des aktuellen Trainings im Esport bestehen dabei allerdings aus digitalen Inhalten. Dabei könnte gerade die Trainingsplanung und -gestaltung aus dem klassischen Sport dabei behilflich sein, das Training professioneller Esportlerinnen und Esportler effektiver zu gestalten. Denn neben dem Spielverständnis und den Spielmechaniken gibt es viele weitere Anforderungen an die Esportler (Multitasking, Impulskontrolle, Wahrnehmung etc.), die in unterschiedlicher Ausprägung und abhängig vom entsprechenden Spielgenre vorhanden sein und individuell trainiert werden müssen. Anforderungen hierzu haben wir unter anderem mithilfe unserer Esport-Testbatterie erforscht und den übergeordneten Spielgenres zugeordnet.

Der ganzheitliche Trainingsansatz

Neben dem In-Game-Training gibt es eine Vielzahl weiterer Themen, die die Leistungsfähigkeit einer Esportlerin oder eines Esportlers bestimmen. Wir haben diese Bausteine im Rahmen des „Hauses des Erfolgs“ zusammengetragen. So beeinflussen neben der körperlichen Fitness, ausgewogener Ernährung und Phasen der Regeneration auch kognitives und psychologisches Training die allgemeine Leistungsfähigkeit im Esport. All diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Spielerin oder der Spieler ihre und seine Leistung über einen längeren Zeitraum hinweg abrufen kann. Aus diesem Grund wird in unserem Ansatz neben dem unmittelbaren Leistungsmotiv auch das Gesundheitsmotiv mitberücksichtigt. Denn das Ziel muss es sein, dass eine Spielerin oder ein Spieler über Jahre hinweg erfolgreich sein kann und nicht nur über einen kurzen Zeitraum mitspielen kann. 

Status-quo-Erhebungen stellen die Grundlage für spätere Trainingsmaßnahmen dar.

Dr. Christopher Grieben

Es ist gut belegt, dass man über die Themen des „Hauses des Erfolgs“ Esport spezifische Fähigkeiten trainieren kann: So gibt es beispielsweise gute Verbindungen zwischen der körperlichen Aktivität und der kognitiven Leistungsfähigkeit. Eine moderate Sporteinheit (30 Minuten) steigert nachweislich die Konzentration. Ebenso zeigen sich positive Effekte auf Reaktionszeiten und Gedächtnisleistungen. Studien zeigen ebenfalls, dass eine ausreichende Erholung wesentlich ist, wenn die Leistung langfristig maximiert werden soll. Auch eine ausgewogene Ernährung zahlt auf die Leistungsfähigkeit ein: Sie beeinflusst zum Beispiel Stoffwechselprozesse und Muskelaufbau. Ein Kognitionstraining hilft dabei, komplexe Bewegungen besser aufeinander abzustimmen und diese präzise auszuführen. Und abschließend zeigt sich, dass auch ein psychologisches Training dabei unterstützen kann, ein richtiges Mindset zu entwickeln und mit Emotionen zielführend umgehen zu können.

Technische Analysen helfen bei der Vorbereitung.

Trainingsplanung ist entscheidend

Neben dem Spielverständnis und den Spielmechaniken gibt es viele weitere Anforderungen an die Esportler – Multitasking, Impulskontrolle, Wahrnehmung etc.-, die individuell trainiert werden müssen.

Bei der Trainingsplanung ist es deshalb grundsätzlich entscheidend, von Anfang an in kurz-, mittel- und langfristige Planungsschritte zu unterscheiden. Das Training abseits des PCs oder der Konsole muss sich durch realistische und individuelle Zeitpläne kennzeichnen, die eine bewusste Fokussierung und Priorisierung zum Ziel haben. Bevor man jedoch in die konkrete Trainingsplanung einsteigt, empfehlen wir eine ausreichende Diagnostik, um Stärken, aber vor allem auch Defizite zu eruieren. Im Anschluss gilt es zu überprüfen, wie lange es dauert, bis Anpassungserscheinungen festzustellen sind und wieviel Zeit der Trainierende pro Woche in die jeweiligen Trainingsschwerpunkte investieren kann. Ein paar grundlegende Regeln an die Trainingsgestaltung können der Abb. 2 entnommen werden. Abhängig vom Ausgangniveau und der zu trainierenden Fähigkeit lassen sich bereits nach wenigen Trainingseinheiten Effekte nachweisen. Regelmäßige Anpassungen im Bereich des Trainingsumfangs und der Trainingsintensität führen zu nachhaltigem Erfolg. Im Bereich der Jahresplanung ist zu beachten, dass es einen Wechsel von spielintensiveren Phasen, etwa einem Boot-Camp kurz vor einem Event, und weniger intensiven Spielphasen gibt. Dieser Wechsel ist vor dem Hintergrund der Fokussierung, aber auch aus Motivationsgründen zu empfehlen. In der weiteren Planung differenziert man Monats- und Wochenpläne und definiert entsprechende Schwerpunktthemen. Grundsätzlich gilt eine Überforderung zu vermeiden und entgegen der aktuellen häufigen Praxis möglichst viel zu spielen, sollten sich professionelle Spielerinnen und Spieler auf kürzere und fokussiertere Esport-Einheiten konzentrieren. Auch ein trainingsfreier Tag, an dem man weiteren Hobbys nachgeht, wirkt präventiv und schützt den Spieler vor einer körperlichen und mentalen Überlastung.

Neben dem Spielverständnis und den Spielmechaniken gibt es viele weitere Anforderungen an die Esportler, die individuell trainiert werden müssen. Etwa Feinmotorik, Konzentration oder Reaktionszeit.

Haus des Erfolges