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Esport

Esport ist in aller Munde. In Deutschland kennen über zwei Drittel der Bundesbürgerinnen und ‑bürger den Wettkampf mit Computer- und Videospielen. Rund 12 Millionen Deutsche haben sich bereits Esport-Übertragungen angesehen. Gesellschaftlich ist Esport in Deutschland also schon von höchster Relevanz. Und auch wirtschaftlich bietet sich hier viel Potenzial.

Nach Erhebungen des Marktforschungsunternehmens Newzoo soll der weltweite Esport-Markt bis 2024 auf rund 1,6 Milliarden Euro anwachsen. Zudem soll sich die Zahl der Zuschauenden von Esport-Turnieren bis 2025 weltweit auf über 640 Millionen Menschen erhöhen. Deutschland bietet sich hier die Chance, sich als Pfeiler des europäischen und internationalen Esports zu positionieren: Denn als Heimat und Austragungsort vieler international renommierter Wettkämpfe wie Intel Extreme Masters Cologne, League of Legends Championship Series oder Valorant Champions 2021 in Berlin kann Deutschland eine tragende Rolle im Esport einnehmen.

Doch trotz aller positiven Entwicklungen und Prognosen fehlen dem Esport in Deutschland noch wichtige politische Rahmenbedingungen zur weiteren Stärkung. So fehlt weiterhin die bereits 2018 im Koalitionsvertrag vereinbarte Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Esport-Vereinen. Diese wird vor allem von Vereinen benötigt, deren ehrenamtliches Esport-Angebot sich an Hobby- oder semiprofessionelle Spielerinnen und Spieler richtet. Diese Vereine übernehmen ebenso Verantwortung für ihre Mitglieder und für die Gesellschaft wie alle anderen Vereine auch. Doch im Gegensatz zu letzteren profitieren Esport-Vereine bisher nicht von Steuerbefreiungen, einem geringeren bürokratischen Aufwand oder der Möglichkeit, sich um Projektmittel aus EU- und Bundesförderung zu bewerben.

Darüber hinaus bemühen sich Kommunen noch viel zu selten um die Austragung internationaler Esport-Turniere, trotz der positiven Effekte für den Standort, etwa für die örtliche Hotellerie, Gastronomie oder die internationale Bekanntheit der Stadt. So zeigt das Beispiel der Stadt Kattowitz, wie eine enge und erfolgreiche Partnerschaft funktionieren kann: Seit 2014 veranstaltet die Electronic Sports League, kurz ESL, die Intel Extreme Masters in der polnischen Stadt. Seitdem hat sich das Turnier zum weltweit größten Esport-Event mit über 170.000 Besucherinnen und Besuchern entwickelt. Die Stadt Kattowitz stellte dafür innerhalb von fünf Jahren 12,5 Millionen Złoty (etwa 3,38 Millionen US-Dollar) für das zweiwöchige Event bereit, um gemeinsam mit den Ausrichtern für die Zuschauerinnen und Zuschauer beste Bedingungen bieten zu können. Die Esport-Fans wiederum sorgten für zusätzliche Einnahmen der Stadt in Form von Hotelbuchungen, Ausgaben in der Gastronomie und Ähnlichem. Die wirtschaftlichen Hebeleffekte zeigen also, wie sinnvoll ein stärkeres Engagement von Kommunen und Ländern in diesem Bereich ist.

Außerdem ist die Förderung von Esport-Talenten in Deutschland bisher noch unterentwickelt. Dagegen könnte die Unterstützung von Initiativen wie der esports player foundation helfen, die junge Esport-Talente auf dem Weg zur Weltspitze auf vielfältige Weise begleitet. Außerdem wäre eine größere Offenheit gegenüber den besonders erfolgreichen Esport-Titeln wie „League of Legends“ oder „Counter-Strike“ wünschenswert.

Zu begrüßen ist, dass das Auswärtige Amt im August 2018 die Einreisebestimmungen für professionelle Esportlerinnen und Esportler aus Nicht-EU-Ländern erleichtert hat und sie so leichter Zugang als Profispielerinnen und -spieler zu Deutschland haben. Ebenso ist es ein tolles Zeichen, dass das Land Schleswig-Holstein die Einrichtung kommunaler Esport-Häuser sowie eines Landeszentrums für Esport unterstützt. Außerdem veranstaltet der E-Sport-Verband Schleswig-Holstein seit 2022 die ersten und bisher einzigen Landesmeisterschaften im deutschen Esport; das Bundesland bildete zudem ein eigenes Esport-Team aus zehn Top-Talenten, dessen Weg in den Esport durch eine Förderung unterstützt wird. Auch in Sachsen-Anhalt existiert eine Förderung für Esport-Vereine und Nordrhein-Westfalen ist Mitinitiator und Unterstützer der esports player foundation. Deutschland kann zu einem der international renommiertesten Standorte von Esport werden – doch dafür müssen die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden.