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Serious Games – Überblick

Videospiele können nicht nur viel Spaß machen, sondern eben auch informativ und lehrreich sein. Der passende Fachbegriff lautet Serious Games.

Was sind Serious Games?

Der Begriff ist etwas irreführend. Schließlich klingt die Beschrei­bung ernsthafte Spiele doch eher trocken und langweilig. Mit die­sem vorschnellen Urteil tut man den allermeisten Serious Games jedoch unrecht. Wer sich auf eine Entdeckungsreise in dieses Genre einlässt, stößt auf einen der wohl spannendsten Zweige der Games­-Branche. Hier üben Medizinstudierende mit einer 3D­Simu­lation für den späteren Alltag in der Notaufnahme. Die Bewohner von Senioreneinrichtungen bleiben dank einer Spielekonsole fit und beweglich. Schülerinnen und Schüler können Englischvokabeln bei einem Autorennen pauken und Matheaufgaben in bunten Mini­-Spielen lösen. All diese Anwendungen haben eins gemeinsam: Sie dienen nicht nur der Unterhaltung, sondern vermitteln auch Inhalte, schaffen Aufmerksamkeit für wichtige Themen oder haben einen therapeutischen Nutzen.

Serious Games vermitteln Inhalte, schaffen Aufmerksamkeit für wichtige Themen oder haben einen therapeutischen Nutzen.

Wie verbreitet sind Serious Games?

Rund die Hälfte der Deutschen spielt Games auf der Konsole, auf dem Computer, auf dem Smart­phone. Diese gesellschaftliche Akzeptanz führt zu einem wachsenden Interesse auch gegenüber Spielen mit pädagogischem Anspruch. Das be­stätigt die aktuelle Studie Serious Games – Bekanntheit, Nutzung und Potenziale, durchgeführt von Pricewaterhouse Coopers im Auftrag des game – Verband der deutschen Games­-Branche. Auch wenn die wenigsten der 1.200 Befragten mit dem Begriff Serious Games etwas anfangen können, hat doch eine überwiegende Mehrheit Erfahrungen mit entsprechenden Anwendungen – besonders Studierende sowie Schülerinnen und Schüler nutzen digitale Lernspiele, um Vokabeln oder Matheformeln zu üben oder Fertigkeiten für den späteren Beruf zu trainieren. Aber auch in den Unternehmen setzen sich Serious Games zur Vermittlung von Soft und Hard Skills immer mehr durch.

 

Das Konzept von Serious Games ist weitläufig bekannt

Was macht ein gutes ­Serious Game aus?

Bei einem guten Serious Game haben die Spieler Spaß, sind weder gelangweilt noch überfordert, beschäftigen sich gerne mit der Spielwelt. Im besten Fall gehen Spielen und Lernen so ineinander über, dass der Erkenntnisgewinn ganz nebenbei gelingt. Genau dieser Spagat macht die Entwicklung von Serious Games so anspruchsvoll. Spielprinzip und Story müssen spannend und eingängig sein. Dazu braucht es ein passendes didaktisches Konzept und viel Verständnis für die zu vermittelnden Inhalte. Erst wenn alles zusammenpasst, stellen sich nachhaltige Lernerfolge ein.

Serious Games erhöhen durch ihre spielerischen Ansätze die Lernmotivation.

Besonders die Lernmotivation ist bei spielerischen Ansätzen oft größer. Auch komplexe Inhalte werden dadurch leichter aufgenommen. In ihrem großen Potenzial liegt auch die Schwäche von Serious Games. Passen Inhalt und Spielprinzip nicht zusammen, sind die Spielerinnen und Spieler gelangweilt und die intrinsische Lernmotivation verfliegt schnell wieder.

 

Der deutsche Markt für Serious Games soll bis 2023 jährlich um 19 Prozent wachsen

Wie können Serious Games Vorlesungen und ­Schul­unterricht ergänzen?

Serious Games sind ein neues, oft sehr effektives Werkzeug im didaktischen Methoden-Koffer – mal als Ergänzung zu Universitätsseminaren und Workshops in Unternehmen, mal als Möglichkeit, die Inhalte aus dem Schulunterricht zu üben und zu vertiefen. Trotzdem sollten sie durch erprobte und effektive Lehrmethoden begleitet werden. Denn auch beim Lernen macht es bekanntlich die Mischung aus Methoden.

Welche Bedenken gibt es gegenüber Serious Games?

Auch hierzu gibt die aktuelle Serious-Games-Studie Auskunft. Während sich die befragten Personalverantwortlichen vor allem um eine fehlende Kontrolle und ausbleibende soziale Interaktion sorgen, sehen Studierende sowie Schülerinnen und Schüler eher eine schlechte Qualität der Spiele und eine mögliche Ablenkung durch Spielelemente als Probleme an. Die befragten Eltern finden vor allem, dass die Kinder ohnehin schon genug Zeit vor dem Computer oder mit dem Smartphone verbringen und deshalb lieber „analog“ lernen sollten.

Serious Games sind ein neues, oft sehr effektives Werkzeug im didaktischen Methoden-Koffer.

Wie entwickelt sich der Markt für ­Serious Games?

Die meisten Serious Games werden von kleineren „Nischen“-Studios umgesetzt, oft in direkter Zusammenarbeit mit Unternehmen oder Hochschulen. Die Budgets dafür liegen weit unter denen von Blockbuster-Titeln. Außerdem sind nicht alle Anwendungen gewinnorientiert. Ein Grund dafür: Statt eines breiten Massenmarktes haben Serious Games oft eine spitze Zielgruppe im Blick und werden nur innerhalb eines Unternehmens oder für eine Patientengruppe eingesetzt. Trotzdem ist ihr Marktpotenzial nicht zu unterschätzen. Laut game lag ihr Umsatz in Deutschland 2016 bei 112 Millionen Euro. Bis 2023 soll er auf 369,8 Millionen Euro steigen – das entspricht einer jährlichen Steigerung von 20 Prozent1. Neben klassischen Lernspielen zum Erlernen von Sprachen oder mathematischen Sachverhalten erwarten die Experten auch eine wachsende Bedeutung für Health Games, also Spiele, die über Krankheitsbilder aufklären oder Therapien unterstützen können.

Quelle:
1 Serious Games – Bekanntheit, Nutzung und Potenziale (PwC, 02/2019); n=1.210; Insgesamt wurden 1.210 Personen befragt, und zwar in drei Zielgruppen: Personalverantwortliche, Eltern von Kindern zwischen drei und 16 Jahren, Schüler und Studierende ab 16 Jahre. © game 2019